Das StaRUG ermöglicht die Umsetzung finanzwirtschaftlicher Restrukturierungen durch Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger. Der Einsatz einer doppelnützigen Treuhand kann ein sinnvolles Instrument zur Gewinnung der erforderlichen Mehrheiten sein.

Text: Daniel Arends und Christoph Enkler

Das am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen, kurz Starug genannt, ermöglicht es, Restrukturierungsmaßnahmen durch Mehrheitsentscheidung umzusetzen. Das bedeutet, ein Unternehmen kann gegebenenfalls auch gegen den Willen einzelner Gläubiger und Vertragspartner restrukturiert werden.

Fokus des Restrukturierungsplans

Die Grundlage für die Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen bildet der Restrukturierungsplan. Durch ihn können etwa Gläubigerforderungen gekürzt, Sicherungsrechte neu strukturiert und einzelne vertragliche Bestimmungen in Unternehmensfinanzierungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens angepasst werden, um die Schuldenlast auf ein nachhaltiges Niveau zu reduzieren.

Für die Abstimmung über den Restrukturierungsplan werden die Parteien, deren Rechte durch den Plan geregelt werden sollen (sog. Planbetroffene), in Gruppen eingeteilt. Angenommen ist der Restrukturierungsplan, wenn ihm drei Viertel der Stimmen jeder Gruppe zustimmen, wobei es auf das Gesamtvolumen der bestehenden Stimmen ankommt und nicht nur auf die Stimmen der an der Abstimmung teilnehmenden Planbetroffenen.

Wird die erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht erreicht, so kann die Zustimmung dieser Gruppe unter bestimmten Voraussetzungen dennoch als erteilt gelten (sog. Cross-Class Cram-down). Das ist jedoch nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich: Erforderlich ist, dass die relevante Gruppe, deren Zustimmung fingiert werden soll, nicht schlechter steht als ohne den Plan, dass sie angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt wird, der auf der Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll, und dass die Mehrheit der übrigen Gruppen dem Plan zugestimmt hat.

Eine angemessene Beteiligung am Planwert der relevanten Gruppe liegt grundsätzlich jedoch nur dann vor, wenn kein Gesellschafter des Schuldners auf Basis des Plans einen nicht durch eine Leistung in das Vermögen des Schuldners vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält (Absolute Priorität). Der Grund: Die Position des Gesellschafters ist wirtschaftlich faktisch (teilweise) entwertet. Mit Blick auf den Gesellschafter heißt das, dass dieser – wenn er Gesellschafter bleiben möchte – einen adäquaten bewertbaren Sanierungsbeitrag zu erbringen hat. Kann oder möchte er das nicht, so gelingt die Umsetzung des Restrukturierungsplans nur, wenn alle Gläubigergruppen dem Plan zustimmen, da eine Überwindung der fehlenden Zustimmung einer Gruppe durch den sogenannten Cross-Class Cram-down in diesem Fall am Grundsatz der absoluten Priorität scheitern würde.

Beitrag der Altgesellschafter

Eine fortgesetzte Beteiligung des Gesellschafters wird jedoch in einigen Fällen geboten sein, wenn der Sanierungserfolg ansonsten nicht oder nicht in gleicher Weise möglich ist. Das StaRUG statuiert daher eine Ausnahme vom Grundsatz der absoluten Priorität. Neben dem Fall eines geringfügigen Eingriffs in Gläubigerrechte steht es einer angemessenen wirtschaftlichen Beteiligung der relevanten Gruppe, deren Zustimmung fingiert werden soll, danach nicht entgegen, wenn der bisherige Gesellschafter ohne die Erbringung einer ausgleichenden wirtschaftlichen Leistung in das Vermögen des Schuldners seine Anteile am Schuldner behält. Dafür müssen aber einige Voraussetzungen erfüllt sein: Zunächst muss die Mitwirkung des bisherigen Gesellschafters an der Fortführung des Unternehmens unerlässlich sein, um den Sanierungsplan zu verwirklichen. Er muss sich zur Mitwirkung und zur Übertragung der wirtschaftlichen Werte verpflichten, sofern die vereinbarte Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen vor Ablauf von fünf Jahren oder vor Ablauf einer für den Planvollzug vorgesehenen kürzeren Frist endet. Erforderlich ist damit nur eine schuldrechtliche Verpflichtung, eine dingliche Absicherung dieser Verpflichtung gegenüber den Planbetroffenen fordert das StaRUG gerade nicht.

Von Relevanz für das Gelingen einer Umsetzung des Restrukturierungsplans ohne Zustimmung sämtlicher Gruppen ist damit, dass die Mehrheit der übrigen Gruppen vom Restrukturierungsplan überzeugt werden kann.

Absicherung der Wertzuordnung

Für die mehrheitliche Planakzeptanz ist aber die Absicherung der Wertzuordnung entscheidend. Hierzu wird in der bisherigen außerinsolvenzlichen Restrukturierungspraxis eine sogenannte doppelnützige Treuhand implementiert, um den Sicherungsinteresse der Gläubiger zu genügen.

In ihrer Grundform hält der Treuhänder zwar die Anteile für die Gesellschafter, wirtschaftlich gesehen wirkt eine solche Treuhandlösung jedoch vorrangig zugunsten der auch im Wasserfall vorrangigen Gläubiger. Die doppelnützige Treuhand erlaubt es, dass der Gesellschafter nach erfolgreicher Sanierung an dem Wertzuwachs ebenfalls partizipiert. Gleichzeitig wirkt sie aber auch wie ein Sicherungsmittel, da der Treuhänder in dem Treuhandvertrag in der Regel verpflichtet wird, die Anteile zu veräußern bzw. an Dritte zu übertragen, wenn die Sanierung der Gesellschaft nicht gelingt.

Bei der Treuhandlösung werden die Anteile in der Regel auf einen Treuhänder übertragen und zugleich die Voraussetzungen bestimmt, unter denen eine Verwertung durch den Treuhänder zu erfolgen hat und wie der Verwertungserlös zu verteilen ist. Der Treuhandvertrag kann flexibel ausgestaltet und an die individuellen Bedürfnisse der Beteiligten angepasst werden. Je nach Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses ermöglicht die doppelnützige Treuhand den Planbetroffenen nicht nur die Absicherung eines potentiellen Rückübertragungsanspruchs, sondern auch Eingriffsmöglichkeiten bei negativen Abweichungen vom Sanierungspfad. Dabei kann der Treuhänder mit unterschiedlichen zusätzlichen Aufgaben betraut werden.

Die Verbindung der doppelnützigen Treuhand mit einem Restrukturierungsplan erlaubt dem bisherigen Gesellschafter also, an der Sanierung des Schuldners und des damit verbundenen Wertzuwachses angemessen zu partizipieren, befriedigt gleichzeitig jedoch das Sicherungsinteresse der Planbetroffenen und mag dadurch die notwendige mehrheitliche Grundzustimmung der planbetroffenen Gläubiger fördern. Einzelne nicht zustimmende Gläubigergruppen können unter sodann unter den oben genannten Gründen überstimmt und der Restrukturierungsplan umgesetzt werden.

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Daniel Arends

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