Viele Unternehmen stecken derzeit in einer Transformation und müssen einzelne Betriebsteile aus der etablierten Struktur herauslösen. Die wohl größte Herausforderung dabei: Der betroffene Bereich muss währenddessen möglichst störungsfrei weiterlaufen.
Text: Dr. Jan Markus Plathner und Dr. Christoph Morgen
Der Transformationsdruck ist in vielen Branchen so hoch wie nie zuvor: Einzelhandel und Automobilindustrie stecken bereits seit längerem in einem tiefgreifenden Wandel. In anderen Bereichen, etwa der Immobilienbrache, hat die Covid-19-Krise Veränderungen hervorgerufen oder beschleunigt. Viele Unternehmen müssen auf diese disruptive Situation reagieren, indem sie Restrukturierungen einleiten und ihre betrieblichen Strukturen verändern. Dazu kann es auch gehören, Betriebsteile oder einzelne Konzernunternehmen über einen Carve-out aus der bisherigen Struktur herauszulösen, um das eigentliche Zukunftsgeschäft als Kern des Unternehmens zu stärken.
In vielen Konstellationen ist der Carve-out sogar eine existentielle Notwendigkeit, da in den kommenden Jahren schlichtweg ganze Betriebsteile geschlossen werden müssen. Neben der Sicherung des Zukunftsgeschäfts steht dann auch die Frage im Vordergrund, wie das Geschäft des Carve-out-Unternehmens für einen Übergangszeitraum ohne Störungen fortgeführt werden kann. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die betroffenen Stakeholder – beispielsweise Kunden – auch nach der Transformation wichtige Ansprechpartner oder Zielgruppen sind. Man stelle sich nur vor, dass eine gescheiterte Ausproduktion beim Carve-out eines Automobilzulieferers zu einer Störung von Lieferketten führt – die Geschäftsbeziehung zu diesen Kunden wäre sicherlich dauerhaft beschädigt.
Fortführen oder liquidieren?
Steht ein Carve-out zur Diskussion, muss das Unternehmen sich Fragen zur Perspektive des betroffenen Unternehmensteils stellen: Gibt es einen Businessplan, der nach Carve-out und Sanierung eine dauerhafte Fortführung ermöglicht? Ist dies nicht der Fall, muss geklärt werden, wie sich Ausproduktion und Liquidation so gestalten lassen, dass die negativen Folgen für das verbleibende Zukunftsgeschäft möglichst gering sind. Außerdem sollte der Carve-out – ob nun mit dem Ziel der Fortführung oder der Ausproduktion – so strukturiert sein, dass sich möglichst wenige rechtliche Risiken ergeben.
Unternehmen müssen in der aktuellen Transformationsphase zwei Aufgaben bewältigen: zum einen die Entwicklung des Zukunftsgeschäfts vorantreiben und zum anderen den Carve-out der nicht mehr zum Kern gehörenden Geschäftsbereiche managen. Stakeholder werden genau prüfen, ob das Unternehmen die Managementkapazitäten und das Know-how besitzt, um diese Doppelbelastung bewältigen zu können. Kunden werden sich beispielsweise die Frage stellen, ob sie Neuaufträge für das Zukunftsgeschäft eines Lieferanten vergeben wollen, wenn das Unternehmen zugleich im Zuge einer parallel laufenden Ausproduktion ein Risiko in der Supply Chain darstellt.
Klares Projektmanagement
Ein mit einer Liquidation oder einer Ausproduktion verbundener Carve-out ist nicht nur rechtlich, sondern auch operativ ein schwieriges Unterfangen und erfordert einen strukturierten interdisziplinären Ansatz. Ein geordnetes Projektmanagement mit klarer Zielstruktur und der Flexibilität, auf veränderte Voraussetzungen sofort zu reagieren, ist unverzichtbar. Ein Lösungsansatz ist die Übertragung des auszugliedernden Betriebsteils an einen Interimsgesellschafter oder Treuhänder, der Erfahrung in solchen Projekten mitbringt.
Verschiedene Modelle sind möglich: Bei einer Interimsgesellschafterstellung werden die Anteile vom Treuhänder verkauft. Bei einer Ausproduktionstreuhand dagegen gehen die Anteile nur vorübergehend an einen Treuhänder über.
Regelmäßig ziehen Interimsgesellschafter und Treuhänder auf Sondersituationen spezialisierte Manager hinzu. Gemeinsam erarbeiten sie dann ein Konzept, um einen Fortbestand des Betriebs und den Verkauf der fortführungsfähigen Einheit zu ermöglichen. Sollte die Weiterführung nicht möglich sein, wird in der Regel eine gesteuerte Ausproduktion der noch vorhandenen Aufträge mit anschließender Auflösung der Gesellschaft („solvente Liquidation“) angestrebt.
In beiden Konstellationen muss der Treuhänder oder Interimsgesellschafter regelmäßig auch Restrukturierungsmaßnahmen umsetzen. Insbesondere wenn eine Ausproduktion ansteht, ist es oft sinnvoll, die wesentlichen Stakeholder am Prozess zu beteiligen. Dies kann etwa über einen Beirat geschehen, der wichtigen Maßnahmen und Entscheidungen des Managements zustimmen muss. Wer Stakeholdergruppen wie Altgesellschafter, Kunden, Betriebsräte, Lieferanten und Finanzierer von Beginn an einbindet, stärkt damit die Prozesstransparenz und kann operative Risiken reduzieren.
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